Hallo, wer mal in die Gegend von Washington D.C. kommt und Interesse an Motoren und Flugzeugen hat, dem sei der Steven F. Udvar-Hazy Center in der Nähe des Washington Dulles International Airport (IAD) in Virginia empfohlen (Eintritt frei, aber horrende Parkgebühren). Ich war dort und habe sicher an die 1.000 Fotos gemacht (will das Forum aber nicht überfordern).
Aber zur Sache: Dort steht ein
Zwölfzylinder-Zweitakt-Boxermotor, der Napier Nomad II (Diesel):
Schon vor dem Krieg hatte Napier eine Lizenz auf den Jumo 204 erworben, ein Reihensechzylinder-Zweitakt-Diesel, und nach dem Krieg den Boxer daraus entwickelt, also quasi 2 Jumos. Damit sollte ein großer Seeaufklärer (Avro Shackleton) angetrieben werden, für dessen geplante Reichweite/Flugdauer die Rolls-Royce-Griffon-57 (A) zu durstig waren. Mit 199g/kWh war der Nomad deutlich sparsamer und liegt selbst heute noch auf dem Niveau moderner Motoren! Als Besonderheit hatte er eine Abgasturbine (im Bild r.u.), die nicht nur den Axialverdichter (Spülgebläse, unter dem Motor) antrieb, sondern auch schätzungsweise 300kW über eine hydraulische Kupplung (r.o.) auf die Kurbelwelle wuchtete (ähnlich Wright R-3350 Cyclone 18), also ein Turbo-Compound-Motor. Er leistete bis zu 2,2MW, also 3.000PS, und das auch in Höhen über 7.000m!
Der Vorgänger, Nomad I, war sogar ein Mischantrieb (ähnlich Cholschtschewnikow-Beschleuniger), wo hier in den beim Zweitakter sauerstoffreichen Abgase zusätzlich Kraftstoff verbrannt wurde und die Turbine einen zweiten Propeller antrieb.
Verständlich ist, daß dieser komplizierte und auch recht schwere Antrieb wenig Verwendung fand. Über Stückzahlen konnte ich nichts in Erfahrung bringen, aber es dürften bestenfalls ein Dutzend gewesen sein.
Ein weiterer Nomad III, der mit 2,6MW projektiert war, wurde schließlich gecancelt, nachdem über 5Mio.£ in das Projekt geflossen waren. Strahltriebwerke waren deutlich leichter, hatten höhere Leistung bei einfacherem Aufbau und boten einen geringeren Stirnwiderstand, verbrauchten allerdings damals etwa das Doppelte. Der Nachfolger Nimrod hatte eine maximale Einsatzdauer von ca. 10h, wogegen die Shackleton selbst mit den Rolls-Royce-Motoren locker 24h in der Luft bleiben konnte, allerdings deutlich langsamer und daher mit geringerer Einsatzreichweite.
Das know-how konnte Napier in seinen legendären Deltic-Motoren verwerten.