Direkteinspritzung beim Zweitakter

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Sebastian
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Direkteinspritzung beim Zweitakter

#1 Beitrag von Sebastian » 30. Sep 2012, 21:25

Hallo zusammen,

bin kürzlich bzgl. Benzin-Direkteinspritzung bei Zweitaktern über das hier gestolpert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Evinrude_% ... rdmotor%29

http://www.provenion.de/ffi.htm

Sehr interessant... Mich würde auch interessieren, was Bujatronic über den Entwicklungsstand und die Erfahrungen in den 80ern bei MZ sagen kann.

viele Grüße, Sebastian

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#2 Beitrag von bujatronic » 7. Okt 2012, 11:50

Dieses Einspritzsystem wurde schon Anfang der 80er an der Ingenieurhochschule Zwickau (später TH) entwickelt und an MZ- und Trabant-, später auch an einem Wartburgmotor erfolgreich getestet. Der Entwickler war Dr. Heimberg, er ist nach der Wende damit zu Ficht gegangen, hat es dort zur Reife gebracht und dafür (zu Recht) den Phillip-Morris-Preis erhalten. Die Ansteuerung des Elektromagneten erfolgte über eine Kondensatorentladung. Meine Rolle war die Entwicklung der Leistungselektronik und die Spannungsversorgung (bis 300V) im Kfz. War auch das Hauptthema meiner Promotion, allerdings wollte ich nach der Wende nicht in den Westen, sondern so etwas bei MZ einführen. Das Ergebnis ist bekannt, an dieser Stelle noch einmal vielen Dank an die Treuhand!
Einspritzung am Zweitaktmotor ist ja nichts Neues. Ursprünglich waren Zweitakter den Viertaktern im Gebrauchswert überlegen, sie hatten keine Probleme mit Nockenwellen und Ventilen, waren vollgasfest (Autobahn!) und billiger in der Herstellung, wegen des einfachen Aufbaus. Und genau das ist ihnen zum Verhängnis geworden, bis in die 80er hielt man das für den größten Vorteil des Zweitakters, tolerierte die Nachteile und übersah das große Potential dieses Verfahrens. Dabei hatte schon Anfang der 50er Goliath-Gutbrodt mit einer Bosch-Einspritzung gezeigt, daß sich so erheblich Benzin sparen läßt, ein solcher "Superior" verbrauchte ca. 2l/100km weniger. Allerdings waren solche Einspritzanlagen immens teuer, sie ließen sich nur im Mercedes 300SL o.ä. verkaufen. Daher suchte man nach einfacheren Lösungen, es seien nur die Arbeiten von Froede/Schmidt bei NSU erwähnt. Paschke entwickelte dann dort die sog. Druckstoßeinspritzung (hydraulischer Widder), um die damals nicht verfügbare bzw. nicht bezahlbare Hochdruckpumpe zu umgehen. Das Ergebnis sah vielversprechend aus (siehe Bilder aus Bönsch: Der schnellaufende Zweitaktmotor), aber die niedrigen Benzinpreise und die Krise der westdeutschen Motorradindustrie machte dieser Entwicklung ein Ende.
Erst als die ECE-Regelungen Abgaswerte vorschrieben, die mit Zweitakt-Vergasermotoren nicht erreichbar waren, entsann man sich wieder dieses Prinzips. Zunächst wurden Druckstoß-Systeme erprobt, dem NSU-System ähnlich, allerdings mit elektromagnetischem Absperrventil anstatt des Abschnapp-Nockens. Das wurde immer weiter entwickelt, bei einer Diesel-Anlage, die ich in den späten 90er Jahren gebaut hatte, wurden mit nur 30bar Vordruck Druckspitzen bis 800bar erreicht, erst die heutigen Common-Rail-Anlagen übertrafen das.
Das Prinzip der Druckstoßeinspritzung ist die Umwandlung von kinetischer Energie (Geschwindigkeit) in potentielle (Druck). Während man bei der herkömmlichen Anlage die kinetische Energie der strömenden Flüssigkeit durch Aufprall auf einen festen Körper (geschlossenes Absperrventil) nutzt, kehrt das Heimbergsche System das Prinzip um, man kann es sich so vorstellen, als wenn ein bewegter Körper in eine ruhende Flüssigkeit geschossen wird.
Am Prüfstand verbrauchte ein Trabant-Motor im Bestpunkt 239g/kWh VK88, ein großer Teil des Kennfeldes lag unter 250g/kWh, was einem Gesamtwirkungsgrad von rund 35% entspricht (ca. 86g Benzin enthalten 1kWh), man muß berücksichtigen, daß da noch ca. 10% Leistung für das Kühlgebläse abgehen! Ein fahrtwind- bzw. wassergekühlter Motor hätte 220g/kWh schaffen können, das Niveau damals vergleichbarer Dieselmotoren!
Im Fahrversuch mit herkömmlicher Druckstoßeinspritzung sank der Verbrauch im Stadtverkehr auf 4,5l/100km. Die Abgaswerte weiß ich leider nicht mehr, aber die damals gültige ECE-Regelung Nr. 40 wurde bei HC und CO erfüllt, bei NOx um ca. 80% unterboten. Übrigens habe wir auch einen 250er MZ-Motor auf Kammerdiesel umgebaut und am Prüfstand getestet. Der Verbrauch lag bei damals rekordverdächtigen 200g/kWh (40% weniger als der Vergasermotor), allerdings war die Höchstleistung auf unter 10kW gesunken, da winkten alle ab.
Natürlich war das alles weit von einer Serienreife entfernt, v.a. wegen der Elektronik, es gab ja gerade die ersten 8-bit-Rechner und keine Bauelemente, die den mechanischen und Umweltbelastungen eines Kfz. gewachsen waren.
Die ganze Forschung wurde durch die VW-Motoren-Geschichte beendet. Gerade im Trabant hat sich aber gezeigt, daß das ein Irrweg war, die ersten 1,1er schluckten um die 9l/100km!
Heute wäre ein moderner Zweitakter mit Direkteinspritzung und Oxydations-Kat denkbar, der alle Abgaswerte einhält, dabei aber nicht mit Lambda=1 (was ca. 8 - 10% Mehrverbrauch verursacht), sondern weit im Magerbetrieb betrieben wird, so daß die CO2-Emission deutlich gesenkt werden könnte. Aber es bleiben noch andere Probleme, wie Geräuschemission oder der hohe Verschleiß von Kolben und -ringen beim Überfahren der Schlitze. Sicher lösbar, aber angesichts der gewaltigen Forschung, die in Viertakter gesteckt wurde und wird, haben die einen Vorsprung, der selbst beim Einsatz größter Mittel kaum aufzuholen wäre (und die Automobilindustrie will ja verkaufen, wo sie Geld reingesteckt hat!). Und wenn, käme er wahrscheinlich zu spät, denn bis so eine Motor serienreif wäre, ist das Erdöl wohl alle.
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#3 Beitrag von bujatronic » 7. Okt 2012, 12:12

Da wohl nicht jeder die Druckstoß-Einspritzung kennt, möchte ich hier noch die Funktionsweise erklären.
Die Niederdruckpumpe 2 erzeugt einen Vordruck von ein paar bar. Das einstellbare Druckregelventil 3 regelt den Vordruck. Die Einspritzdüse 9 hat einen Öffnungsdruck, der weit über dem Vordruck liegt, Größenordnung 20 - 30bar. Wird das Hauptventil 7 geöffnet (Nocken hebt es an), beginnt der Kraftstoff in der Schwungleitung 5 zu fließen und erreicht eine bestimmte kinetische Energie. Wenn die Nase an dem Nocken 8 (dreht linksherum) über den Stößel gelaufen ist, schließ das Ventil abrupt, so daß sich daraus ein Druckstoß aufbaut. Dieser läuft über die Einspritzleitung 6 zur Düse, die öffnet und läßt eine bestimmte Menge Kraftstoff (abhängig vom Verhältnis Spitzendruck zu Öffnungsdruck) durch. Dort ist noch ein Rückschlagventil (bei einigen Ausführungen auch ein Schwingungsdämpfer), soll einerseits das Rücklaufen des Druckstoßes beim Schließen der Düse verhindert, andererseits einen gewissen Standdruck sichern, um Dampfblasen zu verhindern.
Zur Steuerung der Einspritzmenge wird hier der Vordruck geregelt. Nachteilig ist bei dem mechanisch angetriebenen Abschnapp-Nocken, daß der Einspritzzeitpunkt kaum gesteuert werden kann.
Die späteren Systeme arbeiteten daher auch mit einem konstanten Vordruck und steuerten die Einspritzmenge über die Öffnungszeit des elektromagnetischen Absperrventils. Dabei ließ sich jeder beliebige Einspritzzeitpunkt durch elektronische Steuerung erreichen.
Die letzten Anlagen hatten ein sehr kleines Absperrventil und die Schwungleitung spiralförmig darum angeordnet und bauten kaum größer als eine Zündkerze. Ende der 90er bin ich selbst einen Peugeot-Roller mit so einem System gefahren. Daß es ein Zweitakter war, war kaum zu spüren, kein Gestank, ruhiger und stabiler Leerlauf, kein Stuckern im unteren Teillastbetrieb (Einspritzung nur alle 2 oder 3 Umdrehungen), kein Nachschlagen im Schubbetrieb (das berüchtigte Räng-Täng-Täng). Letzten Endes konnte sich Peugeot dann aber doch nicht zu einer Serieneinführung entschließen.
Das Provenion-System bietet ja auch einen wesentlich geringeren Bauaufwand, aber die werden wohl Lizenzgebühren verlangen...
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#4 Beitrag von Sport-Lu » 7. Okt 2012, 13:06

Hallo!

Das ist schon interessant.Auch die Ausführungen von Bujatronic.
Gerade bei der BK wünscht man sich schon eine bessere konstantere Gemischaufbereitung unabhängig von der Aussentemperatur.Das Gemisch stimmt eigentlich nie richtig.
Aber da sind wir an einem Knackpunkt!Wo hört die Oldtimerei auf??
Eine eingespritzte BK wäre schon interessant.

Gruss Jörn! :mrgreen:
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Eine BK ohne Ölfleck darunter......"Das ist aber nicht original so!!"

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#5 Beitrag von bujatronic » 7. Okt 2012, 13:41

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Direkteinspritzung ist nur EIN notwendiger Schritt zu einem modernen Zweitakter. Der Boxer der BK krankt an ein paar anderen Problemen, z.B. den unterschiedlichen Auspufflängen, wodurch unterschiedliche Füllungen der Zylinder geradezu vorprogrammiert sind. Die Einspritzmenge muß aber immer an die Sauerstoff- (Luft-)masse und deren Verteilung angepaßt werden. Und wenn die unterschiedlich sind, muß jeder Zylinder einzeln gesteuert werden, ein ordentlicher Aufwand!
Und, liebe Freunde, liegt nicht auch oder gerade in den Unzulänglichkeiten der alten Technik ihr besonderer Reiz? Wer ein perfektes Motorrad fahren will, wo nie geschraubt werden muß, ist bei der BK sicher an der falschen Adresse...
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#6 Beitrag von Kerl » 8. Okt 2012, 15:20

Weils grad so schön passt: der Hertweck schreibt doch in seinem Buch, dass einzig die Länge der Krümmer entscheidet, nicht wo genau sie im Schalldämpfer enden. Von daher dürfte das doch bei der BK keine Rolle spielen, denn zwei gleich lange Krümmer lassen sich verbauen, nur dass der rechte weiter drinnen endet.
Von anderer Seite hört man gern, dass der Krümmer genau am "Trichteranfang" des Schalldämpfers enden soll. Dass der gute Hertweck zwar viel Ahnung, aber nicht in alles Belangen immer Recht hatte, ist mir schon aufgefallen.

Aber wer spricht in diesem Fall die Wahrheit? :?:
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#7 Beitrag von bujatronic » 8. Okt 2012, 19:48

Da hat der Hertweck m.E. Recht, das mit den Druckwellen hängt praktisch nur mit der Krümmerlänge zusammen, so wurden ja auch die 250er und 251er ETZ auf 17PS gedrosselt, einfach ein längerer Krümmer, den man rund 10cm in den Auspuff hinein ragen läßt, verschiebt die Drehzahl des max. Drehmoments auf 4.500 U/min, die der max. Leistung auf 5.000 U/min statt bei 5.500...5.700U/min. Allerdings wird auch eine andere Hauptdüse vorgeschrieben, was wieder einmal zeigt, daß alles relativ ist beim Zweitakter...
Ich kann mir auch vorstellen, daß gleich lange Krümmer bei der BK die Vergasereinstellung (HD) vereinfachen könnten.
Zum Verständnis: Bei AÖ läuft eine Druckwelle den Krümmer entlang, die am Ende reflektiert wird. Dadurch wird ein Teil der Frischgase, die während des Ladungswechsels ungewollt im Auslaß gelandet sind (Spülverluste) wieder zurückgeschoben, so daß bei Resonanzdrehzahl die maximale Mange Kraftstoff-Luft-Gemisch im Zylinder ist, daher ist dort Md max (und meist auch be min). Bei anderen Drehzahlen klappt das nicht so gut, bei höheren Drehzahlen ist der Auslaß schon verschlossen, wenn die Druckwelle zurück kommt, bei niedrigeren wird das Gemisch nicht nur einmal hin- und hergeschoben, so daß die bekannten welligen Drehmomentkurven entstehen.
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#8 Beitrag von Kerl » 8. Okt 2012, 20:49

Hm, meine BK hat gleich lange Krümmer. Warum sollte man das auch anders bauen? *grübel*
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#9 Beitrag von Sebastian » 8. Okt 2012, 21:11

Hallo Bujatronic, Hallo zusammen,

besten Dank für Deine detaillierten Ausführungen und technischen Daten.

Beim Trabantmotor hat mich der Wirkungsgrad mit Einspritzung überrascht. Habe gerade nach dem be vom Originalmotor gegoogelt - besser wäre Fachliteratur - wo lag denn der spez.Verbrauch des Serienmotors?

Das Prinzip des hydraulischen Widders hat mich schon bei Wasserpumpen begeistert...

Ich teile Deine Meinung bzgl. den Kosten der (sinnvollen?) Weiterentwicklung des Viertakters und dessen Vermarktung. Den Frust bzgl. möglicher Entwicklungen im Ostdeutschland der 90ziger erahne ich.

Natürlich fahren wir einen Oldtimer und können aus einer alten Dame keine Jungfrau mehr machen.

Es ging mir trotzdem die Spinnerei durch den Kopf, mittels Provenion-Ersatzteilen eine BK auf Direkteinspritzung umzurüsten. Und zwar weniger auf Grund von Leistungsvorteilen (ok, 20% sind erwünscht) sondern o.g. Vorteile...

viele Grüße, Sebastian

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#10 Beitrag von bujatronic » 9. Okt 2012, 08:14

be der Serienmotoren:
Da kann ich nur mit ca.-Zahlen aufwarten, weil ich auch erst mal in den alten Unterlagen suchen müßte:
Wartburg (mit Jikov-Registervergaser): 305g/kWh
Trabant (WE-II-Motor): 320g/kWh
ETZ250: 335g/kWh
Simson S50: 350g/kWh

Noch die Daten vom Goliath "Superior", der ja in etwa mit dem frühen Trabant vergleichbar ist:
Vergaser: 272g/PSh = 363g/kWh
Einspritzer: 209g/PSh = 280g/kWh

Hier müßte man aber noch wissen, welchen Heizwert das damalige Benzin hatte, denn nur dann sind die Zahlen vergleichbar. Um die damaligen Ergebnisse werten zu können, hier noch ein Zitat aus dem Motorlexikon (http://www.motorlexikon.de/?I=3492):
"Bestwerte heutiger Pkw-Motoren sind beim Dieselmotor mit Direkteinspritzung ca. 200 g/kWh, beim Ottomotor ca. 230 g/kWh."
Dort findet man auch be-Kennfelder typischer heutiger Motoren.

Man muß aber nicht nur die Unterschiede im Bestpunkt sehen, sondern auch, daß das Verbrauchskennfeld insgesamt günstiger wird. Die Bereiche geringen Verbrauchs sind größer, nicht so zerklüftet wie beim Vergasermotor und liegen sehr günstig um die Fahrwiderstandslinie verteilt, so daß sich im realen Betrieb noch größere Einsparungen ergeben können, als der Vorteil bei bemin vermuten läßt.

Eine BK umzurüsten halte ich trotzdem nicht für sinnvoll, auch wenn dafür 100.000€ zur Verfügung stünden. Mehrleistung (resultiert v.a. aus dem Wegfall der Drosselung durch den Vergaser) muß auch von den anderen Bauteilen verkraftet werden, und wenn ich mir die Diskussion um die Kolben und Kurbelwellen ansehe... Auch müßte eine 12-V-Anlage und Frischöldosierung eingebaut werden, und vor allem die günstigste Lage der Düse im Versuch ermittelt werden. Dazu braucht man einen Haufen Zylinder, Köpfe usw., die ziemlich zerlöchert werden müssen, also hinterher Schrott sind. Wenn so etwas in ausreichender Anzahl und kostengünstig zur Verfügung steht (wie etwa beim Trabant), könnte man ja mal darüber nachdenken...

@Kerl: Die originalen Krümmer meiner BK waren unterschiedlich, deren Länge war also so angepaßt, daß sie jeweils hinter der Schelle im Auspufftopf endeten. Ich habe meine Krümmer (Anfang der 90er) dann natürlich auch so gemacht. Wenn etliche Nachbaufirmen inzwischen gleichlange Krümmer anbieten (wo dann der rechte weiter in den Auspuff hineinragt), ist das kein Nachteil.
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#11 Beitrag von bujatronic » 9. Okt 2012, 12:33

Will mal noch etwas nachschieben:
Die günstigen Verbrauchswerte waren z.T. auch darauf zurückzuführen, daß die Antrieb des Einspritzsystems nach dem Pumpe-Düse-System (so nannte sich damals die Heimbergsche Anlage - PDS) sehr gering war. Keine Zahnradpumpe, nur die Energie im Kondensator für den Elektromagneten. Mein Beitrag zu den guten Werten war u.a., die nach dem Pumpenhub im Magnetfeld noch verbliebene Restenergie zurück zu gewinnen. So verbrauchte ein Ventil (Zylinder) nie mehr als 100W (bei Vollförderung). Trotzdem war es nicht ganz einfach, für den Trabant die 200W bei 300V aufzubringen, wäre aber lösbar gewesen.
Als die Forschung an der Direkteinspritzung beendet war, hat man ein anderes System in Arbeit genommen, genannt Gemischeinspritzung. Hintergrund war, daß die Gemischbildung nicht immer stabil gehalten werden konnte (dafür stehen ja nur wenige Millisekunden zur Verfügung) und es im gesamten RGW keine geeigneten Einspritzdüsen gab, wir nahmen die DLO20D von Bosch, die natürlich Devisen kostete. Selbst Mikuni-Dosierpumpen (für Frischöl), die man damals für ungefähr 25,-DM auf dem Weltmarkt kaufen konnte, wurden nicht beschafft, dafür wurden Kapazitäten ziemlich sinnlos mit der Entwicklung eigener Pumpen vergeudet.
Bei der Gemischeinspritzung wurde der Ladungswechsel mit reiner Luft vollzogen und dann im Verdichtungstakt ein sehr kraftstoffreiches Gemisch "eingeblasen". Dazu war eine eigene Kolbenpumpe vorgesehen (von der Kurbelwelle angetrieben) und so eine Art Doppelvergaser, dessen eine Stufe die Spülluft steuerte, dessen 2.Stufe ein Gemisch mit Lambda ca. 8 - 10 für die Pumpe erzeugte. Vorteil war, daß das Vorgemisch mit bereits zerstäubtem Benzin eine bessere Gemischbildung versprach, aber die Pumpe verschlang eine Antriebsleistung von knapp 1kW! Die Abgaswerte am 150er ETZ-Motor (der ja selbst in der höher verdichteten Ausführung nur 10kW Nutzleistung hatte) waren lupenrein, aber mögliche Verbrauchssenkungen fraß die Pumpe auf. Deshalb wurde auch dieser Weg nicht weiter verfolgt.
Die Zumessung von Luft und Kraftstoff sollte elektronisch gesteuert werden, ich habe ein Jahr damit vergeudet, einen "elektronischen Vergaser" (war damals ein Schlagwort) für dieses a priori sinnlose System zu entwickeln...
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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#12 Beitrag von Sebastian » 9. Okt 2012, 21:54

Hallo Bujatronic,

nochmal danke für die Zahlen und Einblicke...

Was den Leistungsverbrauch der Pumpe angeht, das kann ich nachvollziehen, auch moderne Hochdruckpumpen zweigen mehrere kW ab.

Der Hinweis erfolgte eher "leise", aber - ja, das Umrüsten einer BK auf das Provenion-System muss wohl in den Schubkasten "indiskutabler Blödsinn" eingeordnet werden.
Schade, dass die indirekte Einspritzung von Stihl nicht für unsere Hubvolumen geeignet ist.

Wenn man also wirklich einmal einen "modernen" Zweitakter erfahrbar machen wollte, wäre es wahrscheinlich der einfachste Weg, einen der kleinen Provenion-Zweizylinder-Zweitakter in einen Trabant oder Wartburg (oder beliebigen Kleinwagen) einzubauen. Wenn es ein Motorrad sein soll, könnte eine ältere Gummikuh mit Rahmen (75/7?) dafür herhalten...

naja... ;)

Beste Grüße, Sebastian

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#13 Beitrag von Sebastian » 4. Dez 2012, 23:46

Hallo zusammen,

ohne direkt danach zu suchen, bin ich auf einen Zweitakt-Boxer der Neuzeit mit Direkteinspritzung gestoßen :) (Ursprünglich über einen Artikel der ATZ, aber da muß ich mich erst um die Rechte kümmern).

Und wo kommt der Motor her? ;) Dreimal dürft Ihr raten...

Hallo Bujatronic - Hallo Christian - hast Du hier ebenfalls mitgearbeitet? Ist der Verbleib der Muster bekannt?

http://www.solarmobil.net/meldu060-enertec.htm

Als Kopie:
_________________________________________________
Ein alternatives Hybridkonzept aus Zwickau

„Wie könnte ein Verbrennungsmotor die Rolle der Brennstoffzelle in herkömmlichen Hybridfahrzeugen übernehmen?“, fragte sich das Forschungsteam um Professor Cornel Stan an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. „Strom produzieren, weitgehend im Stationsbetrieb für einen Antriebs-Elektromotor - das kann ein Verbrennungsmotor auch, und zwar sehr effizient und weniger kostenaufwändig“, davon waren die Wissenschaftler überzeugt.


Der Stromerzeuger mit Verbrennungsmotor müsste extrem kompakt und extrem preiswert sein. Extrem kompakt und preiswert? Zweitaktmotor!


Wenn der Zweitakter nur mit Luft beatmet und mit Kraftstoff erst während der Verdichtung versorgt wird, haben die vermeintlichen Makel des hohen Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen keinen Halt mehr. Die dafür passende Benzin-Direkteinspritzung entwickelten Zwickauer auf der Grundlage ihres patentierten Verfahrens selbst.


Das Ergebnis:
Der „Brennstoffzellen-Ersatz“ wiegt als einfacher 2-Zylinder-Boxermotor gerade 8 kg, passt mit seinen Abmessungen 25x30x30 cm unter den Rücksitz eines kompakten Autos, samt 15 Liter Benzintank. Er geht automatisch an, wenn die Spannung der als Energiepuffer vorgesehenen Batterie unter den Sollwert gerät oder wenn der Antriebs-Elektromotor länger hoch belastet wird. Ansonsten ist er stand by. In einem Prototyp-Kompaktfahrzeug mit 900 kg wurde in dieser Konfiguration ein Verbrauch von 2,4 Liter/100 km im normierten Stadtzyklus erreicht. Der CO2-Ausstoß beträgt gerade mal ein Drittel von dem eines ähnlichen Fahrzeuges mit modernem Ottomotor.

Der geschnittene Prototyp dieses alternativen Hybridautos (siehe Bild) wird auf der Enertec gezeigt. Er gewährt sehr tiefe Einblicke in die Anatomie des Antriebs und des Fahrzeuges.

Technische Details sind unter http://www.fh-zwickau.de/ftz/stan/publikationen abrufbar.

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#14 Beitrag von Sebastian » 5. Dez 2012, 00:02

Hier noch der Original-Link der ATZ:
http://www.atzonline.de/Artikel/3/9/Hyb ... tzung.html

Kurzzeitig hatte ich eben den Gedanken, dass man Kurbelwelle und Spülungsauslegung des ME262-Anlassers hätte verwenden können, da die Leistungsdaten und Abmessungen sehr ähnlich sind.
Mit den verfügbaren Angaben (aktuell Hub/Bohrung=0.66 und 200ccm und früher Hub/Bohrung 0.5 und 270ccm) klappt das jedoch nicht.

Noch ein Link auf die Seiten von Professor Stan:
http://www.fh-zwickau.de/index.php?id=4820

Hallo Bujatronic, Hallo Christian,
ich erkenne gerade, dass ich auf Deine Westentasche gestoßen bin...

evtl. ist ein Ausritt mit einer BK xx0 und Direkteinspritzung doch nicht unmöglich :)

Beste Grüße, Sebastian

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Re: Direkteinspritzung beim Zweitakter

#15 Beitrag von bujatronic » 5. Dez 2012, 08:35

Dieser Hybrid steht als Schnittmodell im Foyer der WHZ (Agricola-Bau). Aber wie so oft fehlt für vernünftige Entwicklungen das Geld, so ist es auch hier gewesen...
Basis ist der Citroen Saxo Electric, der in den 90ern als reines Elektromobil entworfen wurde. PSA entschied sich damals für einen reinen Gleichstromantrieb, was sich wohl als Irrweg herausstellte, die neuen E-Mobile des Konzerns haben die Technik des Mitsubishi i-MiEv. Das reine E-Auto fährt mit 20 NiCd Batterien zu je 6V/120Ah, Nennspannung 120V und 15kW (el) mit max. 90 km/h bis 100 km weit (im Winter ca. 80km) und verbraucht dabei 18kWh (enstpr. ca. 2,1l Benzin). Man soll sich aber nicht von diesem anscheinend kleinen Wert täuschen lassen, denn bei dem deutschen Energiemix entsteht da eine CO2-Emission von (Stand 2011) 11,9kg (also 119g/km) - und das ist recht viel.
Bei dem hier gezeigten Fahrzeug handelt es sich um einen sog. seriellen Hybrid oder besser um ein E-Fahrzeug mit Range-Extender. Dazu wurde ein 2-Takt-Boxer!!! mit 10kW bei 7000 U/min unter der Rücksitzbank eingebaut, der zusätzlich Strom erzeugt und so die Batterie ergänzt. Hauptvorteil ist die wesentlich größere Batterie-Lebensdauer und natürlich die größere Reichweite, die theoretisch nur vom Benzintank begrenzt wird, wobei mit leerer Batterie nur noch ca. 75 km/h erreicht werden.
Hier ist ein Standardmotor (der französische Hersteller fällt mir gerade nicht ein) benutzt worden, Membran-Einlaß, vier Überströmkanäle und ungesteuerter Auslaß, trocken gerade mal 8kg schwer. Anstelle des originalen Vergasers sind 2 Einspritzventile nach dem Druckstoßprinzip (Hersteller ist lesbar) so angebaut, daß sie direkt in den Zylinder knapp oberhalb der Kanäle einspritzen. Man erkennt die Vordruckleitung und den etwas dickeren Rücklauf. Schwungleitung ist im Ventil spiralförmig um das Magnetsystem angeordnet. Man hätte hier noch einiges optimieren können, z.B. sind Membranen wegen ihrer Drosselwirkung nicht besonders günstig für einen Motor, der praktisch nur in einem Kennfeldpunkt läuft, aber wie gesagt, wurde das Projekt nicht weiter verfolgt.
Als Verbrauch wurden im Stadtzyklus 2,4l/100km angegeben, aber da habe ich leise Zweifel, denn das würde einen Wirkungsgrad für Motor und Generator von 46,5% entsprechen (ich habe beim Heizwert mal Super unterstellt, denn ein Motor mit so hoher Energiedichte braucht sicher 95 Oktan oder sogar noch mehr). Aber auch 3l/100 wären noch sehr gut, das wären m.E. realistische 37% Gesamtwirkungsgrad. Zum Vergleich: Der 1,9l TDI wird mit 41,8% angegeben, nur Großmotoren (die ja auch vielfach Zweitakter sind) kommen auf nahezu 50% chemisch-mechanischen Wirkungsgrad. Manchmal liest man noch höhere Werte, z.B. bei Kraftwerksmotoren, aber da wird ja noch Wärme aus Abgas, Kühlung, Schmierung und Ladeluft gewonnen, das ist mit Fahrzeugmotoren nicht vergleichbar.
Die CO2-Emission läge bei 56g (angegeben) bzw. 70g/km (meine Schätzung), und wäre so allen anderen Antriebskonzepten weit überlegen, etwa die Hälfte vom TDI oder 2/3 vom Prius, aber diese Fahrzeuge sind ja auch alle deutlich größer und schneller und daher nur bedingt vergleichbar.
Übrigens hat auch der Trabant eine reale CO2-Emission um die 70g/km gehabt (bei sehr guten 0,10g/km NOx), allerdings wird das durch die HC- und CO-Emission relativiert, die beide weit über 10g/km gelegen haben (man findet da sehr unterschiedliche Angaben), aber das wird ja in der Natur langfristig auch zu CO2 (und Ozon!). Daher wird auch z.B. bei der Steuer-Einstufung nicht die tatsächliche Emission bewertet, sondern ein Wert berechnet, der sich aus dem Kraftstoff-Verbrauch ergibt. Trotzdem zählt der Trabant (601 wohlgemerkt - nicht der 1.1) zu den global gesehen umweltfreundlichsten Autos. Mit der Umweltbelastung, die ein modernes Auto allein bei der Herstellung verursacht, kann man einen Trabant bauen und ihn 10 Jahre fahren, oder 4 MZs und die 20 Jahre fahren...
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Zuletzt geändert von bujatronic am 20. Dez 2012, 19:05, insgesamt 5-mal geändert.
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