Man kann mit den heutigen Mitteln das sicher ganz genau berechnen, aus Zeitmangel will ich nur mal kurz schätzen:
FAG gibt für das 6305 eine statische Traglast (C0) von 11,4 kN an, Laut SKF-Katalog 2005 soll die axiale Belastung im Allgemeinen den Wert 0,5 C0, bei kleinen und leichten Lagern 0,25 C0 nicht übersteigen, bei kombinierter Belastung des nicht in Anspruch genommenen C0. Bei der Lagerberechnung wird als Maximalkraft der Verbrennungsdruck sowie die Massekräfte zugrundegelegt, bei der Bauart Boxer sind die Massekräfte voll ausgeglichen, die Kräfte, die aus den Massemomenten resultieren, sind wohl von untergeordneter Bedeutung. Wenn man von 50 bar Spitzendruck ausgeht (was m.E. zu hoch ist) sind das pro Zylinder ca. 16 kN (wir unterstellen mal, daß der andere Zylinder sich auf das andere Lager abstützt), das wird mit einem Reduktionsfaktor von 0,35 (Zweitakt-Otto) bewertet, d.h. es wirkt radial ein C0 von 4,53 kN.
Damit dürfte die maximale Axialkraft 1,7 kN betragen. Ich habe die Gesamtkraft der Kupplungsfedern im Neuzustand mit 0,8 kN berechnet, wenn ausgekuppelt wird (+1mm) sind das 0,9 kN, d.h. zumindest theoretisch ist dieses Lager nicht überlastet. Dazu kommt, daß ja Vollast und Auskuppeln gleichzeitig nicht vorkommen kann. Auch ist dieses Lager gut geschmiert.
Was aber in dieser Rechnung nicht vorkommt, ist die thermische Belastung, nicht nur vom Motor, sondern auch von der Kupplung. Wenn die schleift, denke ich mal, könnte sich der Innenring so weit ausdehnen, daß das Lagerspiel verloren geht, dann platzen bei Axialbelastung die gehärteten Oberflächen ab (Pittings) und das ist dann der Anfang vom Ende...
Wenn das Lager sich im Gehäuse erstmal gedreht hat, sind dann auch Lagersitz und Seegerring im Eimer.
Nicht umsonst hat man ja bei den späteren Modellen (mit Kupplung auf der Kurbelwelle, die großen Motoren meine ich) die Kräfte zum Auskuppeln nicht über die Kurbelwellenlager (die ja beim Einzylinder schon so genug Prügel beziehen), sondern über das Lager ganz außen an der Kurbelwelle geleitet. Wo nach meiner Erfahrung fast nie etwas kaputt gegangen ist.
Aber das Problem Lagersitz betrifft ja nicht nur das Hauptlager. Ich habe etliche TS- und ETZ-Motoren gesehen, wo das wirklich die Folge von Einbaufehlern war. Bei meiner BK war übrigens auch der andere Lagersitz "lose".
Und was das Fluchten der Lager betrifft, das ist von größter Wichtigkeit, da Loctite zwar die Maß-Differenzen infolge Verschleiß an Lagersitz, Einstich für den Ring und am Ring selbst ausgleichen kann, so daß das Lager selbst fest sitzt, aber die Lagebestimmung ist völlig undefiniert. Siehe auch meinen Beitrag "Teufelszeug":
viewtopic.php?f=5&t=1924&hilit=Teufelszeug
Ich denke mir, daß die Probleme vorwiegend auf die Durchbiegung der Kurbelwelle zurückzuführen sind, die dann in beiden Lagern zu Fluchtfehlern und ungleicher Belastung führt. Ich kenne keinen vergleichbaren Motor, wo die Kurbelwellenlager so weit auseinader liegen, selbst die DKW-Zweizylinder hatten immer ein weiteres Lager in der Mitte. Auch war der Motor ja ursprünglich für 250ccm ausgelegt. Und schließlich sieht man ja, daß außer Imperia (die auch Probleme hatten) kein anderer Hersteller der ansonsten so experimentierfreudigen Zweitakt-Gemeinde so einen Motor in Serie gebaut hat.
Und was Durchbiegung bedeutet, kann man z.B. an den kleinen ES/TS-Modellen sehen. Bei den frühen Modellen wurden die Kurbelwellenlager vom Getriebe geschmiert, weswegen die Simmerringe innen saßen, die Folge waren trotz der besseren Ölversorgung ständige Probleme mit diesen Lagern. Erst als sie wieder vom Motorenöl geschmiert wurden, wodurch sie ganze 14mm (2x Simmerringbreite) weiter zusammenrücken konnten, war das behoben.
Fröhliches Schrauben!
mfg, Chr.
"Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Kraftfahrzeug wertvolles Volksvermögen darstellt, das möglichst lange zu erhalten nicht nur einen persönlichen Vorteil bringt, sondern auch eine nationale Pflicht ist!"
Obering. Siegfried Rauch