Friedrich der Große und das Restaurieren.

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Moderator: Ulrich

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BK-Fahrer
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Friedrich der Große und das Restaurieren.

#1 Beitrag von BK-Fahrer » 2. Jan 2011, 19:54

Liebe BK-Gemeinde,
ich wünsche mir für 2011 und Allzeit etwas mehr Zurückhaltung bei den selbsternannten BK-Historikern und Wichtigtuern bei dem Thema: Originale Restaurierung.
In leichter Abwandlung eines berühmten Satzes des o.a. Preussenkönigs dazu:
"Ein jeder restauriere nach seiner Fasson.".
Ich bin wohl hier das älteste Mitglied, das bereits 1956 eine BK hatte (nach 3 jähriger Wartezeit) und heute auch wieder.
Die wirklichen Experten sind entweder verstorben oder des PC nicht mächtig.
Meine BK und auch die anderen in dieser Zeit sahen praktisch so aus wie das Bild von smrsurfer vom 29.12.2010. Die Speichen waren vernickelt und Chrom war nur Lenker, Lampenring und Auspuffrohre. Der Fischschwanzschalldämpfer war schwarz lackiert.
Chrom war damals von sehr schlechter Qualität. Mein Vater hatte einen Firmenwagen EMW 340 und da waren die verchromten Stoßstangen nach einem Jahr verrostet.
Die Elektrik war von miserabler Qualität, so dass wir Zündspulen, Spannungsregler, Kerzenstecker usw. aus Westberin holten. Und als es in einem Jahr nur regenerierte Zündkerzen von Isolator gab, wurden auch Bosch-Kerzen geholt. Alles zum Umtauschkurs Ost:West von 5:1.
Meine BK hatte sogar einen Zündapp-Scheinwerfer. Und wer einen verchromten Schalldämpfer wollte, baute sich einen von der JAWA dran.
So war es schon damals im real existierendem Sozialismus und da hatte sich ja bis zum Untergang nicht viel geändert. Das lag nicht an den Menschen, sondern am System.
Und weil wir das Einerlei mit den Farben satt hatten(schwarz und maron), lackierten wir unsere BKs um, so wie wir es uns von den Westmotorrädern abgeschaut hatten.
Übrigens fuhr bei uns auch die VP mit außenliegenden Zündspulen und externen Spannungsreglern.
Und genauso wie damals restauriere ich meine BK. Rahmen schwarz, Blechteile schön rot und ein bischen Chrom. Vor allen Dingen Chromfelgen wie bei der Export-BK. Und auch die kurzen übereinanderliegenden Zündspulen und den externen Regler.
Auf der Leipziger Messe sahen wir dann eine Export-BK, aber Prospekte gab es nur für Besucher aus dem kapitalistischem Ausland. So bat ich einen Mann vom Krupp-Stand, der ihn mir besorgte. Lieferzeit 14 Tage zum Klassenfeind und zum eigenen Volk 3 Jahre. Da hatte ein Jungkommunist schon Probleme das zu verstehen.
Das alles vergessen die heutigen DDR-Verklärer.
Später war ich über 30 Jahre Entwicklungsingenieur in der Automobilindustrie und habe mir nach meinem Rentnereintritt wieder eine BK besorgt und mit meinem heutigen Wissen vermessen, denn eine BK lief nie richtig, oder der Fahrer hatte dafür kein Ohr. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Der DKW-IFA-MZ Mann Siegfried Rauch, den ich Mitte der 80 er Jahre traf, sagte nach einem langen Gespräch: Die BK haben wir nie richtig hingekriegt und waren froh, dass sie möglichst bald von der ES abgelöst werden sollte.
Man muß die Historie des BK-Motors betrachten, der nie für ein Motorrad sondern für einen 90 Sekunden Anlasser mit einem Lastpunkt konstruiert wurde.
Und lieber Daniel, eine Kennfeldzündung für die BK zu bauen hieße Perlen vor die Säue zu werfen. Hier freut sich die Zünderze nur ob sie irgendwie ein einigermaßenes brennbares Gemisch bekommt, das liegt bei meiner so zwischen Lambda 0,75 bis 1,15 und wechselt ständig von rechts nach links und auch bei Schräglage in Kurven.
Wenn es einen Preis geben würde so müßte er heißen:" Bestes Motorrad mit der schlechtesten Gemischverteilung".
Aber wie gesagt, war ja gar nicht für ein Motorrad gedacht und das sollten wir bei jeder Fahrt bedenken und sie darum ehren.
Alles Gute für 2011 und alles etwas lockerer sehen.

Kerl
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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#2 Beitrag von Kerl » 2. Jan 2011, 23:41

"Ein jeder restauriere nach seiner Fasson."
Hm, ich habe in diesem Forum nichts anderes erlebt. Jede Abweichung vom originalen Zustand wurde immer akzeptiert, wenn man es so vorhatte. Ansonsten wird man natürlich immer drauf hingewiesen, dass es eigentlich nicht so gehört - und das ist doch nicht verkehrt. *denk*

Und ganz ehrlich: ich bin erstaunt und begeistert, wieviel über ein so seltenes und doch recht begehrtes Motorrad diskutiert wird, wieviel man versucht zu verbessern und generell das miteinander hier im Forum.
Das hab ich schon ganz anders erlebt und möchte anmerken, dass ich mir wünsche, im Grossen und Ganzen möge es weiter so laufen wie bisher.
Diskussionen beleben das Forum, weiter so!

Wer ein bis auf die letzte Schraube originales Mopped haben möchte, der wird hier ebenso akzeptiert wie jemand, der im Interesse der Alltagstauglichkeit Umbauten vornimmt. Das war nie anders, solange ich hier mitlese. :!:
Unsinn, die hat vier Takte - auf jeder Seite zwei!

ddomes
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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#3 Beitrag von ddomes » 3. Jan 2011, 11:23

Und lieber Daniel, eine Kennfeldzündung für die BK zu bauen hieße Perlen vor die Säue zu werfen.
Hallo BK-Fahrer,
bezüglich dieses Satzes stimme ich Dir völlig zu, habe ich in einem anderen Beitrag hier genauso geäußert. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, woher Du meinst, man wollte eine solche Zündung in die BK verbauen. In meinem Beitrag "Theorie zur Zündkennlinie" sollten vielmehr grundsätzliche Dinge zum Ottomotor und dessen Zündung zur Sprache kommen. Dass man auch mal hinter den BK-Horizont schaut und allgemeine Dinge bespricht, gehört für mich auch zur Oldie-Liebhaberei, schließlich fahren die meisten hier nicht nur eine BK als Motorrad.

Gruß
Daniel

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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#4 Beitrag von oldisegler » 3. Jan 2011, 18:57

Hallo,
ich kann die Aufregung nicht ganz verstehen. Sicher wurde an DDR Fahrzeugen immer gebaut. Teils als Mangel an Originalteilen, teils um die Fahrzeuge zu "verschönern" oder den neuen technischen Gegebenheiten ( manchmal sogar erzwungen z.B. Blinker, Tagfahrlicht) anzupassen. Deshalb gab es aber trotzdem immer ein Original, nämlich so wie das Fahrzeug ab Werk ausgeliefert wurde. Sicher war das auch nicht immer hundertprozentig gleich aber in den Hauptkomponenten schon. Außerdem finde ich die BK bei regelmäßiger Wartung und genauer Einstellung schon zuverlässig und das können sicher einige Mitglieder des Forums bestätigen. Das sie, wie jedes Fahrzeug, kleine Macken hat, ist doch normal und bei der BK immer noch überschaubar und in den Griff zu bekommen.
Viele Grüße und ein gesundes neues Jahr wünscht Oldisegler
Auszüge aus dem Inhalt meines Blogs http://bk350.wordpress.com:
Instandsetzung Telegabel und Motor,
Tipps bei Startproblemen, Modellbau,
Restaurationen, Technische Änderungen, Forumstreffen usw.

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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#5 Beitrag von bujatronic » 3. Jan 2011, 21:43

Da nun schon mal der Friedrich II. (so sein richtiger Name, was an ihm Groß sein soll nach den furchtbaren Kriegen, die er über sein Land gebracht hat, weiß der Fuchs) genannt wurde, möchte ich BK-Fahrer beipflichten, was "jedem sein Facon" betrifft.
Für politische Diskussionen gibt es weißgott genügend andere Foren. Wir fahren und erhalten historisch wertvolle Technik und spiegeln damit erlebbar die widersprüchliche Geschichte wider, die ja nun wahrlich nicht 1949 und nicht im Osten begonnen hat...
Und nun noch ein Nachsatz (der nunjagottnocheinmal auch etwas politisch ist): Ich war bis zum bitteren Ende Konstrukteur bei MZ und da ging es mir gut. In jeder Beziehung. Nach der "Wende" haben ich bis heute keine richtigen Arbeitsvertrag mehr bekommen, soviel zu dem "Verklärer"....
Übrigens, nenne mir mal ein Produkt aus dem "kapitalistischem Ausland" der damaligen Zeit, wo es keine Probleme gab. ich hatte die Freude, zu DDR-Zeiten einen Opel Olympia und einen VW Käfer zu besitzen, und ich bin froh, daß damals die Straßen im "real existierendem Sozialismus" breit genug waren, um die unberechenbaren Reaktionen dieser Modelle beim Bremsen auszuleben...
Frohes neues Jahr...
"Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Kraftfahrzeug wertvolles Volksvermögen darstellt, das möglichst lange zu erhalten nicht nur einen persönlichen Vorteil bringt, sondern auch eine nationale Pflicht ist!"
Obering. Siegfried Rauch

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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#6 Beitrag von Volker » 7. Jan 2011, 11:30

Hallo

Also ich bin auch Konstrukteur und hab einen richtigen Arbeitsvertrag. Und den schon seit vielen Jahren.

Ich les hier schon seit einigen Jahren sporadisch mit, hab mich aber nie so recht getraut, auf einige Themen zu antworten. Ich seh das mit dem Restaurieren nämlich auch nicht so verbissen. Meine BK ist eben nicht 100% originalgetreu, macht aber nichts, ich will ja damit fahren. Dieser 100% Original-Anspruch, den viele in der Szene haben nervt mich ziemlich, deshalb fahre ich schon seit vielen Jahren auch nicht mehr zu Oldtimertreffen. Das bringt mir halt nichts ein als nur schlaue Sprüche. Ist schade, aber ich hab mich damit abgefunden.
Aber trotzdem nichts für ungut. Ich freu mich jedesmal wenn ich eine BK auf der Strasse sehe.

Grüsse und Gute Fahrt
Volker

Hab leider gerade kein besseres Bild von meiner BK zur Hand.
Dateianhänge
BK.png
BK.png (151.21 KiB) 4531 mal betrachtet

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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#7 Beitrag von seg02 » 7. Jan 2011, 13:46

Guten Tag BK Fan`s,

ich finde dieses Thema richtig gut!
Ich bin mit meiner BK ja ein absoluter Neuling im Motorradbereich.
Da ich mir ja eine W.Endig Basis zugelegt habe und diese ja nun auch nicht original geschweige denn komplett ist, baue ich diese auch nach meinen Vorstellungen auf!
Dabei möchte ich möglichst viele Details von W. Endig erhalten!
Wie z.B. die Sitzbank und ein paar andere Kleinigkeiten!
Vom Gesamterscheinungsbild soll sie im Endzustand dann in Anlehnung an eine Exportversion erstrahlen.
Ansonsten möchte ich wenn möglich immer etwas exotisches haben, wie ich es schon mit meinen anderen Fahrzeugen gehalten habe. Es sind meine Fahrzeuge und die müssen mir gefallen und auch bewegt werden. Dabei bekommen sie dann auch nützliches und sinnvolles DDR Zubehör wie Kniedecke, Seitenstütze o.Ä.
mit zweitaktenden Schraubergrüßen
seg02

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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#8 Beitrag von oldisegler » 7. Jan 2011, 16:03

Hallo,
es soll hier doch nicht darum gehen jemanden den Spass an der Freude zu nehmen, sondern nur dem der Originalität möchte, entsprechende Hinweise zu geben. Auch ich habe nicht alles original an meiner BK, aber anfangs zum Teil auch, aus mangelnden Wissen. Jeder der schon einmal an unserem jährlichen Treffen teilgenommen hat, kann bestätigen das wir eigentlich für alles offen sind.
Viele Grüße Oldisegler
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Re: Friedrich der Große und das Restaurieren.

#9 Beitrag von Elektroschrauber » 26. Jan 2011, 17:07

Hallo hallo,
jetzt wird es hier aber wirkich bitter (Bezug auf der ersten Beitrag). Immer schön locker bleiben. Das ist ein schönes Hobby und das soll es auch bleiben. Es hat und bereitet mir viel Freude und hat tolle Abende gefüllt. Sei es mit öligen Händen oder mit einer Flasche Bier in der Hand die BK betrachtend. Was ist schon Perfekt, selbst heutige Fahrzeuge haben Mängel, das Nachfogemodel dann eben diesen Fehler nicht mehr, dafür die nächte Macke. Aber ich denke die BK kann man doch fahren. Meiner Meinung nach, ist die Ursache für die meisten Probleme die Elektrik und da der Regler begründet in der Bauweise und Ort der Verbauung. Es war damals Zeitgemäß und auch wirklich innovativ. Für mich eine wirklich schöne Maschine.
Gruß Elektroschrauber

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