Theorie zur Zündkennlinie

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ddomes
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Theorie zur Zündkennlinie

#1 Beitrag von ddomes » 25. Dez 2010, 16:15

Hallo zusammen,
angestoßen durch die Diskussion in einem anderen Beitrag hier im Forum habe ich mich mal wieder mit der Theorie der Verbrennungsbedingungen im Ottomotor befasst und wollte die Erkenntnisse in einfacher Art und Weise hier zusammenfassen:
  • Die Verbrennungsdauer setzt sich aus der Entflammungsphase und der Umsetzungsphase zusammen. Die Entflammungsphase ist nötig, um die chemischen Reaktionen im verdichteten Benzin/Luftgemisch vorzubereiten, bevor dann in der Umsetzungsphase der Zylinderinnendruck sehr schnell ansteigt und mechanische Arbeit geleistet werden kann. Die Entflammungsphase beginnt mit der Zündung des Gemisches, also mit der Zündauslösung am Transistor (Unterbrecher).
  • Das während der Umsetzungsphase entstehende Zylinderinnendruck-Maximum soll im Sinne eines wirtschaftlich arbeitenden Motors kurz nach dem OT liegen.
  • Es wäre also Aufgabe der Zündanlage, die Entflammungsphase immer so weit vor OT auszulösen, dass das in der Umsetzungsphase entstehende Zylinderinnendruck-Maximum immer kurz nach OT ansteht. Eine konstante Zeitdauer bedeutet bei einer festen Drehzahl einen gewissen Winkel. Steigt die Drehzahl, so wird der Winkel für die gleiche Zeitdauer größer und umgekehrt.
  • Die Dauer der Entflammungsphase ist aber nicht konstant, sondern abhängig von der Frischgasmenge im Zylinder. Je mehr zündfähiges Gemisch im Zylinder komprimiert wurde, umso kürzer dauert die Kettenreaktion der Entflammungsphase (größere Menge reaktiver Moleküle direkt nach Zündauslösung und häufigere Molekülzusammenstöße im weiteren Verlauf).
  • Das heißt für die Zündwinkelverstellung: Bei niedriger Last könnte der Zündwinkel in ° v.OT drehzahlproportional steigen (Linie a). Wird nun die Last und damit die Menge an Frischgas erhöht, verkürzt sich die Entflammungsphase. Das bedeutet für den Zündwinkel, dass er mit steigender Last in Richtung spät verschoben werden muss. Eine Parallelverschiebung der drehzahlproportionalen Kennlinie wäre die Folge (mit zunehmender Last Linie a, b und dann c).
  • Auch die Umsetzungsphase dauert nicht konstant gleich lang, sondern wird durch turbulente Strömungen im Zylinderinneren verkürzt. Diese zeitverkürzende Wirkung der Turbulenzen ist umso größer, je höher die Drehzahl ist. Besonders stark ist dieser Effekt bei hohem Frischgasanteil, also bei mittlerer bis großer Last.
  • Das heißt für die Zündwinkelverstellung: Mit steigender Last und Drehzahl muss der Zündwinkel zusätzlich nach spät verstellt werden, da die Umsetzungsphase aufgrund der Turbolenzen im Zylinderinneren schneller abläuft (gestrichelte Linie für den Fall Linie c).
Die oben beschriebenen Zusammenhänge lassen sich auch ganz gut in einem beispielhaften 3D-Zündwinkelkennfeld beobachten.

Bild

Im Sinne einer einfachen Zündanlage bei Motorrädern wurde bei älteren Modellen auf eine lastabhängige Zündwinkelverstellung verzichtet. Vielmehr nahm man an, der Motor wird bei niedrigen Drehzahlen im unteren und bei hohen Drehzahlen im oberen Lastbereich gefahren. Mit dieser Annahme liegen die Arbeitspunkte des Motors auf der im 3D-Kennlinienfeld dargestellten fetten schwarzen Linie. Hat die Zündverstellung nur eine Drehzahl- und keine Lastinformation, muss man die Arbeitspunkte auf die grau dargestellte Ebene projizieren. Man erhält die bekannte Zündkennlinienform, wie sie vielfach angewendet wird (u.a. auch in meiner Zündanlage).


Schöne Weihnachtstage noch und einen Guten Start im neuen Jahr an alle,
Daniel

schilling
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Re: Theorie zur Zündkennlinie

#2 Beitrag von schilling » 9. Apr 2015, 11:53

Hallo Daniel,

das Thema Zündkennlinie ist offenbar immer aktuell. Es wird viel hierzu geschrieben.
Offenbar muss man zwischen 2-Takt- und 4-Takt-Motor unterscheiden.

Zum Fall des 2-Taktmotors gibt es Aussagen, dass der Betrieb mit Frühzündung gar nicht erforderlich ist,
da heutige Kraftstoffe schneller abbrennen als die zu DDR-Zeiten verfügbaren.
Andere meinen, das Öl im Kraftstoff verzögere das Abbrennen, was wiederum bedingt, mit Frühzündung zu arbeiten.

Geht man davon aus, dass die zweite Meinung zutrifft, so stellt sich die Frage, wie man konkret im Falle der BK350
die Frühzündung über einen Drehzahlbereich von 0 < n < 5500/min behandelt. Ich habe bislang keine plausiblen
bzw. fundierten Erklärungen hierzu gefunden.

In diese Problematik fällt auch Deine Bemerkung in einem Diskussionsthema, dass Du im Bereich 800/min < n < 2000/min
eine "bauchige Kennlinie" verwendest. Nun meine Fragen:

Was verstehst Du unter dieser Kennlinienform, gibt es dazu eine dem physikalischen Hintergrund entsprechende Gleichung?
Warum darf die Kennlinie (μ = f(n) ) in diesem Bereich nicht linear verlaufen? μ: Zündwinkel, Winkel zwischen Zündzeitpunkt und OT)?

In diesem Zusammenhang noch die Frage, wie groß Du die Ladezeit der Zündspulen (BK-Originalspulen vorausgesetzt) einstellst.
Ich meine, um die Zündung bis ca. 5500/min sicher laufen lassen zu können, muss diese Zeit bei etwa 9,5 ms liegen (MCU = ATMEGA16, 16 MHz).

Viele Grüße aus Ilmenau

schilling

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Re: Theorie zur Zündkennlinie

#3 Beitrag von bujatronic » 14. Apr 2015, 22:08

Hallo, ich bin sehr interessiert an diesen Informationen, aber wo ist das Bild bzw. die Quelle?
"Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Kraftfahrzeug wertvolles Volksvermögen darstellt, das möglichst lange zu erhalten nicht nur einen persönlichen Vorteil bringt, sondern auch eine nationale Pflicht ist!"
Obering. Siegfried Rauch

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