Hallo Leute!
Meine Kolbenbolzen haben einen "saugenden"Sitz im Kolben.Kann man diese so verbauen oder ist davon abzuraten?
Gruß Sven
Kolbenbolzensitz!
Moderator: Ulrich
Re: Kolbenbolzensitz!
Hallo Sven,
leider werden heutzutage immer öfter Kolben mit leichtgängigem Sitz verkauft. In meinen Augen ist das aber Müll, da der Kolbenbolzen somit wandert und die Seegeringe berührt und somit schwächt. Haben wir selber schon bei 2 unserer Motoren beobachten können. Daher bin ich für einen strammen Kobo-Sitz.
Was sollte eigentlich gegen einen strammeren Sitz sprechen?? Wahrscheinlich schlechtes Material, welches sich zu sehr ausdehnen tut und somit zu Kolbenklemmern führt!?
leider werden heutzutage immer öfter Kolben mit leichtgängigem Sitz verkauft. In meinen Augen ist das aber Müll, da der Kolbenbolzen somit wandert und die Seegeringe berührt und somit schwächt. Haben wir selber schon bei 2 unserer Motoren beobachten können. Daher bin ich für einen strammen Kobo-Sitz.
Was sollte eigentlich gegen einen strammeren Sitz sprechen?? Wahrscheinlich schlechtes Material, welches sich zu sehr ausdehnen tut und somit zu Kolbenklemmern führt!?
- bujatronic
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- Wohnort: Königswalde
Re: Kolbenbolzensitz!
Kolbenbolzen müssen kalt stramm sitzen, d.h. zur Montage muß der Kolben erwärmt werden. Im Betrieb allerdings schwimmt der Bolzen, weil
a) der Kolben wärmer ist und
b) die Legierung (Silumil: Eutektische Aluminium-Silizium-Legierung mit ca. 12% Si und 1% Cu, Mg, Ni) sich mehr ausdehnt als Stahl.
Bei der Wahl dieses Werkstoffes (der seit über 80 Jahren nahezu unverändert benutzt wird) steht im Vordergrund die Festigkeit unter der Berücksichtigung des ständigen Temperaturwechsels sowie die Gießbarkeit. Die hohe Wärmeausdehnung (21 x 10 -6 1/K) wird durch eine besondere Kolbengeometrie kompensiert, d.h. er ist oben
ca. 0,1 mm dünner als am Kolbenschaft unten. Im Betrieb hat er in der Mitte des Kolbenbodens ca. 250°C, am Rand noch 200°C und im Bereich des Bolzens ca. 150°C. D.h., daß sich bei der BK der Kolben dort um knapp 0,05mm, der (kältere) Bolzen nur um knapp 0,02mm ausdehnt. Ein Bolzen, der mit leichtem Preßsitz (k7 = -15µm) eingebaut wurde, hätte unter diesen Bedingungen 15µm Luft. Das Pleuelauge, das ja kalt ca. 20 - 30µm Luft hat (H8), hat aber auf jeden Fall mehr, daher und wegen der Biegung unter Last arbeitet der Bolzen im Pleuel und nicht im Kolben (zumindest solange alles i.O. ist). Wenn der Kolben richtig ausgewinkelt ist, drückt er auch nicht an den Sicherungsring.
In der Serienproduktion bei MZ waren Kolbenbolzen, Pleuelauge und Nadelkäfig eng toleriert und in 3 Gruppen eingeteilt (wenn ich mich nicht irre jeweils 3µm Abmaß) und hatten Farbmarkierungen, es wurden nur Teile mit passenden Farben gepaart. Ich kann mich nicht erinnern, daß es bei der Bohrung im Kolben auch so war, d.h. man kann dort ein paar µm Toleranz verschmerzen.
Bei der Regenerierung ist das meist nicht möglich, ich habe auch schon (vor langer Zerit) erlebt, daß die Bohrungen für die Kolbenbolzen einfach mit einer H8-Reibahle auf Endmaß gerieben wurden...
Noch ein Hinweis: Das Pleuel ist weich, jede größere Kraft am Ende kann es verbiegen. Man darf daher auch bei der Demontage keinesfalls mit einem Hammer o.ä. arbeiten oder die Welle am Pleuel tragen. Kolbebolzen immer mit einer Spindel drücken, zur Not geht eine kleine Schraubzwinge.
a) der Kolben wärmer ist und
b) die Legierung (Silumil: Eutektische Aluminium-Silizium-Legierung mit ca. 12% Si und 1% Cu, Mg, Ni) sich mehr ausdehnt als Stahl.
Bei der Wahl dieses Werkstoffes (der seit über 80 Jahren nahezu unverändert benutzt wird) steht im Vordergrund die Festigkeit unter der Berücksichtigung des ständigen Temperaturwechsels sowie die Gießbarkeit. Die hohe Wärmeausdehnung (21 x 10 -6 1/K) wird durch eine besondere Kolbengeometrie kompensiert, d.h. er ist oben
ca. 0,1 mm dünner als am Kolbenschaft unten. Im Betrieb hat er in der Mitte des Kolbenbodens ca. 250°C, am Rand noch 200°C und im Bereich des Bolzens ca. 150°C. D.h., daß sich bei der BK der Kolben dort um knapp 0,05mm, der (kältere) Bolzen nur um knapp 0,02mm ausdehnt. Ein Bolzen, der mit leichtem Preßsitz (k7 = -15µm) eingebaut wurde, hätte unter diesen Bedingungen 15µm Luft. Das Pleuelauge, das ja kalt ca. 20 - 30µm Luft hat (H8), hat aber auf jeden Fall mehr, daher und wegen der Biegung unter Last arbeitet der Bolzen im Pleuel und nicht im Kolben (zumindest solange alles i.O. ist). Wenn der Kolben richtig ausgewinkelt ist, drückt er auch nicht an den Sicherungsring.
In der Serienproduktion bei MZ waren Kolbenbolzen, Pleuelauge und Nadelkäfig eng toleriert und in 3 Gruppen eingeteilt (wenn ich mich nicht irre jeweils 3µm Abmaß) und hatten Farbmarkierungen, es wurden nur Teile mit passenden Farben gepaart. Ich kann mich nicht erinnern, daß es bei der Bohrung im Kolben auch so war, d.h. man kann dort ein paar µm Toleranz verschmerzen.
Bei der Regenerierung ist das meist nicht möglich, ich habe auch schon (vor langer Zerit) erlebt, daß die Bohrungen für die Kolbenbolzen einfach mit einer H8-Reibahle auf Endmaß gerieben wurden...
Noch ein Hinweis: Das Pleuel ist weich, jede größere Kraft am Ende kann es verbiegen. Man darf daher auch bei der Demontage keinesfalls mit einem Hammer o.ä. arbeiten oder die Welle am Pleuel tragen. Kolbebolzen immer mit einer Spindel drücken, zur Not geht eine kleine Schraubzwinge.
"Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Kraftfahrzeug wertvolles Volksvermögen darstellt, das möglichst lange zu erhalten nicht nur einen persönlichen Vorteil bringt, sondern auch eine nationale Pflicht ist!"
Obering. Siegfried Rauch
Obering. Siegfried Rauch
Re: Kolbenbolzensitz!
Danke Euch für die ausführliche Erläuterung.Was habe ich jetzt für Alternativen?
Gruß Sven
Gruß Sven
- bujatronic
- Beiträge: 2406
- Registriert: 24. Okt 2010, 14:10
- Wohnort: Königswalde
Re: Kolbenbolzensitz!
Tja, aus der Entfernung schwierig. Ich denke jedoch, daß man auch etwas "leichtgängige" Bolzen verwenden kann, d.h. eigentlich ist es ja wohl das Auge im Kolben, das hier etwas außerhalb der Toleranzgrenzen liegt, man muß aber unbedingt darauf achten, daß der Kolbenbolzen parallel zur Kurbelwelle liegt (gewissenhaft mit Meßuhr auswinkeln). Alternativ kann man vielleicht versuchen, Bolzen mit Übermaß zu bekommen. Eine eher abwegige Idee: Evtl. findest Du zöllige Kolbenbolzen, 0,6" sind 15,24mm, dann Pleuel und Kolben mit einer verstellbarne Reibahle passend machen.
Ohne Garantie: Mal einen Versuch mit LOCTITE® 620 (siehe "Teufelszeug") wagen, das hat eine Temperaturbeständigkeit bis 200°C (kannste was von mir kriegen). Ist aber schwierig, weil logischerweise nichts davon ins Pleuelauge kommen darf.
Im Normalbetrieb dürfte das halten, aber dann wird sich das Ganze wohl nie mehr demontieren lassen...
Ich glaube übrigens nicht, daß das Bolzenspiel im Kolbe was mit möglichen Klemmern zu tun haben kann, ich habe noch nie einen "geklemmten" Kolben gesehen, der im Bereich des Kolbenbolzens gefressen hatte, immer nur im oberen Teil (bei den Ringen). Auch sind ja viele Kolben am Auge etwas zurückgesetzt.
mfg, Chr.
Ohne Garantie: Mal einen Versuch mit LOCTITE® 620 (siehe "Teufelszeug") wagen, das hat eine Temperaturbeständigkeit bis 200°C (kannste was von mir kriegen). Ist aber schwierig, weil logischerweise nichts davon ins Pleuelauge kommen darf.
Im Normalbetrieb dürfte das halten, aber dann wird sich das Ganze wohl nie mehr demontieren lassen...
Ich glaube übrigens nicht, daß das Bolzenspiel im Kolbe was mit möglichen Klemmern zu tun haben kann, ich habe noch nie einen "geklemmten" Kolben gesehen, der im Bereich des Kolbenbolzens gefressen hatte, immer nur im oberen Teil (bei den Ringen). Auch sind ja viele Kolben am Auge etwas zurückgesetzt.
mfg, Chr.
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Obering. Siegfried Rauch
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