Nachbaukolben

[BK-Fahrer]

Vorwort.
Nachbaukolben sind Kolben die nicht der Qualitätsüberwachung des Fahrzeugherstellers unterliegen, sondern nach bestem Wissen und Gewissen den Originalkolben ähnlich sind und sie ersetzen sollen.
Ich kenne nicht die rechtliche Lage wenn durch Kolbenfehler Unfälle passieren und wer dafür haftet.
Warum das alles?
Norton ist stiller Forumsleser und BK-Besitzer und bat mich um eine Empfehlung für einen Nachbaukolbenhersteller.
Ich empfahl Norton für die BK Kolben von Almet, die ich zigfach ohne Probleme verwendet habe bei BK und JAWA und noch verwende. Einige haben bis jetzt über 15 000 km und die Kompression ist noch gut.
So preiswert bekommt man nirgendwo Kolben.( Für Westmotorräder Baujahr 1955,meine DKW RT 350 S, muß man schon mal 300 € pro Stück auf den Tisch legen und für eine Kubelwelle locker 1000 €.)
Auch Almot gehört dazu, leider nicht für BK, aber andere MZ und JAWA Modelle.
Kolbenfresser unbekannt aber darüber in einem anderen Beitrag.

Ich habe je einen neuen Kolben von Almet und Almot geopfert und sie mit den Werten von MEGU verglichen (MEGU war original für MZ und auch BK)
Im Siliziumanteil (20-22%) und Zugfestigkeit und Härte (HB) gleich oder besser als MEGU.
Die von einigen Forumsmitgliedern dazu geäußerte Bezeichnung Knetlegierung oder Knetkolben ist falsch.

Norton kaufte Almet, baute ein und bei der ersten Probefahrt waren sie fest und dann rief er mich böse an.

Mein Fehler!!!
Ich hatte Norton vergessen zu sagen, dass ich alle Kolben bevor ich sie vermesse und nach meinen Vorstellungen ändere einer gründlichen Wärmebehandlung unterziehe.
Das ist bei mir ein vollautomatischer Vorgang ohne zu Denken, weil ich beruflich und vor allem durch den Rennsport viel mit Kolben zu tun hatte.
Und da ist künstliches Altern sehr bekannt, besonders bei Rennkolben, die während der Bearbeitung zigmal durch Wärme entspannt, also künstlich gealtert werden.

Fachwort: künstliches Altern.

Ich habe großen Respekt vor dem Eigenleben eines Kolbens!

Wenn ich ein Paket mit Kolben bekomme weiß meine Frau dass dann der Backofen für einige Stunden mir gehört, siehe Bild mit BK und JAWA Kolben.

4 Stunden bei 200 Grad C ohne Bolzen und danach abschalten und die Tür zu lassen, damit der Abkühlvorgang langsam ist.
Und dann vermessen und dann muß alles nachgearbeitet werden.
In der Regel Bolzenbohrung um 0,02 mm kleiner und oval und Kolbenhemd bis zu 0,1 mm größer.
Da sind Klemmer in Bolzenbohrung und Zylinder vorprogrammiert beim Betrieb im Motor.

Norton glaubte es nicht und hat einen BK Kolben mit Bolzen geopfert für meinen Bratofen.

Bei 200 Grad haben wir ihn rausgeholt und das Spiel des Bolzens in der Bohrung vermessen.
Betrug 0,03 mm und entsprach genau dem was Kolbenhersteller angeben im Betrieb bei einer Montagepassung bei 20 Grad C von 0,003-0,005 mm.
Danach ist es falsch die Passung bei 20 Grad zu vergrößern weil dann im Warmen das Spiel noch größer wird und die Lebensdauer verkürzt.

Dann wieder rein und 4 Stunden gealtert bei 200 Grad und dann langsam abgekühlt.

Und dann vermessen.
Ergebnis: Außendurchmesser gesamt um bis zu 0,1 mm vergrößert und der Bolzen war fest und nur noch mit einer Presse raus zu kriegen. Danach Bolzenbohrung 0,01 mm kleiner und unrund.

Dann nachgearbeitet im Außendurchmesser und Bolzenbohrung und dann die Prozedur im Ofen noch 3 mal wiederholt ohne dass sich die Maße veränderten.
Ein voller Erfolg und Norton hat wieder was dazu gelernt.

Bei Erstausrüsterkolben ist das nicht notwendig. Wir haben Kolben von BMW, Honda und Yamaha mit reingelegt, die danach sich maßlich nicht veränderten.

Vermutlich hat man das bei Almet vergessen. Ob es Zufall war weiß ich nicht, aber der Verdacht liegt nahe dass bei vielen Kolbenproblemen hier im Forum auch dieses möglich ist.
Natürlich nicht nur, aber dafür mehr im anderen Bericht.
Wie das bei Fischer und Frech ist weiß ich nicht, denn bei mir kamen sie erstmal alle in den Ofen. Wieviel und ob nachgearbeitet habe ich vergessen. Liegt am Alter von mir, nicht Alter vom Kolben.

Ich mache es grundsätzlich so, auch bei Markenkolben, denn man weiß ja nie.

Norton fährt seit vorgestern die in meinem Backofen gealterten und danach überarbeiteten Almetkolben und ist happy.

Frohes Osterfest und hoffentlich seit Ihr nicht beim Lesen eingeschlafen.

[Kerl]

Hrm, also sollte ich meine neuen Jawakolben von Almet auch mal für 4 (?) Stunden in den Ofen packen. Sehr interessant, probiere ich aus. Die Kolben sind vermessen, mal sehen was danach rauskommt!
Gelesen habe darüber schonmal, aber nicht wirklich aufgenommen.

Benutzt du Umluft oder Ober/Unterhitze?

Gebackene Grüsse
Daniel

[derwolf1303]

Das sind super Erkenntnisse, die vielleicht einiges erklären, aber wie können wir das umsetzen?
In den Ofen legen, bekomme ich ja hin, aber dann? Ob der Kobo passt geht auch noch, aber wie soll ich den Kolben dann nacharbeiten? Ne Drehbank hab ich nicht und der Lieferant der Garnitur wird mir direkt nen Vogel zeigen.

Gruß Wolfram

[Basti]

Sagste bescheid. In Plaue bei Brandenburg gibt es ne Kolbenbude. Bin auch gerade dabei ne Kolbenhohnmaschine von ein Kumpel an einen Bekannten von mein Schrauber zu vermitteln. Alles in unserer Gegend

[derwolf1303]

Nun in Plaue bei Stolze habe ich soeben nen Zylinder für ES175 überholen lassen. Haben die den Kolben entsprechend bearbeitet?
Gruß Wolfram

Wer macht eigentlich Kurbelwellen aus der Gegend? Der Rentner von Stolze macht das wohl nicht mehr...

[Basti]

Einer aus Berlin. Da soll auch das Hohngerät hingehen. Der hat erst meine AWO-Welle gemacht. Für die Nachfolger der BK macht ein Kumpel die Wellen. Der kommt aus Rathenow. Vernünftige Kolben verbaut auch Dirk Singer wenn er Motoren überholt. Keine Ahnung wo er die her hat, irgendwo aus den gebrauchten Bundesländern.

[derwolf1303]

Kannst du mir den Kontakt zu dem Mann aus Rathenow geben? Dann muss ich nicht über Dirk Singer gehen. Der arbeitet meines Wissens nach aber auch mit Stolze.

Gruß

[Basti]

Ne die BK Kolben bezieht er meines wissen woanders her. Hab mich vor kurzen erst mit Dirk darüber unterhalten. Er hat davon schon einige verbaut. Leider hat noch keiner ein Feedback gegeben. Was ja nix negatives sein muss. Demnächst hat er wieder eine BK fertig, vielleicht gibt der ja ein Feedback. Mit den Kurbelwellen melde ich mich die Tage bei dir. Um was für Wellen handelt es sich??

[BK-Fahrer]

An Kerl: Ober und Unterhitze!!! und langsam abkühlen im Ofen und Tür bleibt zu. Ganz wichtig!!!
Behaupte nicht dass alle Chargen so sind, aber meine letzten waren teilweise so, auch das Paket vom letzten Donnerstag, darüber später.

Wenn Du mehr sehen willst mach auch mal den Bolzen rein, läuft zwar bei 200 Grad gelb an aber das macht nichts.
Und dann bei 200 Grad mal kurz Tür auf, mit Handschuh festhalten und mittels Kombizange das Bolzenspiel prüfen.
Klappert mächtig, ca. 0,03 mm, wie auch später im Motor. Darum ist die Diskussion um viertel oder halb oder dreiviertelfest bei 20 Grad sinnlos.
Ist halt die unterschiedliche Ausdehnung von Stahl und Alu, genau wie im Zylinder, nur umgekehrt.

Wenn Du dann den Bolzen drin läßt und nach dem Abkühlen den Kolben rausholst wird in den meisten Fällen der Bolzen festsitzen und nur noch mit Presse rauszukriegen sein.
Mach das nicht, sondern erwärme wieder auf 200 Grad und laß ihn dann rausfallen.

Und vergiß nicht zu berichten, es müssen ja nicht alle so sein.

In seiner Festigkeit ist der Almetkolben gut, kein Knetteig.

Frohe Ostern und viel Spaß beim Ostereiersuchen.
Und nicht Kolben mit Eier verwechseln.

Nochwas: Verstellbare Reibahlen 13,25-15,25 mm gibt es für kleines Geld im großen Warenhaus für die Nacharbeit in der Bolzenbohrung.

Und Kolben auf die Drehbank und dann mit Schleifleinen runterschleifen. So machen es Alle.

[Kerl]

Gleich was zu den günstigen Verstellahlen in der Bucht: kauft die bloss nicht, die taugen was für die Schubkarre, aber nicht für Feinstarbeiten!
Schlecht verarbeitet, ungleichmässig geschärfte Messer und so weiter. Bearbeitete Teile sehen aus wie mit nem stumpfen Bohrer zugerichtet. Ich hab 2 hier, die liegen eigentlich nur im Schrank, weil der Schrotteimer voll ist.
Die Verstellahlen hier auf Arbeit sind da ganz anderes Kaliber, daher hab ich die Kolben damit bearbeitet.
Jemand aus dem Jawaforum gab mir den Tip, dass normale Reibahlen mit den festen 15 oder 16mm Werten gut funktionieren. Wäre mal einen Versuch wert.

Ich probiers nächste Woche aus. Meine Eltern sind auf Neuschwansteintrip und der Alte kann dann nicht rumkrähen, dass der Herd soviel Strom zieht.

4h durchheizen lassen, dann werf ich mal die Bolzen rein und heize nochmal 1h durch. Richtig so?
Momentan haben die Bolzen Gleitsitz. Mal schauen, wie das hinterher aussieht, bin sehr gespannt.

Erwärmte Grüsse
Daniel

[BK-Fahrer]

Lieber Kerl,

wir haben andere Erfahrungen mit den preiswerten Reibahlen, z.B. WABECO.
Norton hat sich letzte Woche für 20 € eine neue chinesiche Reibahle im großen Warenhaus gekauft, die ist super und ich hab sie mir schon ausgeliehen.
Für eine Großserie ist die sicherlich nichts, da nimmt man Hunger.

Feste Reibahlen haben ein Problem, da brauchst Du eine mit H 6(und die ist noch zu groß), sonst klappert der Bolzen bei H 8. Und H 6 ist selten.
Da bekommst Du nie eine Bolzenpassung hin mit 0,003-0,005 mm Spiel.
Im Werk gibt es dazu extra ein Kolbenbolzenauswahlverfahren, ist in DIN 73121 festgelegt.
Darüber mehr in einer anderen Rubrik.

Nimm 1 Kolben und steck den Bolzen gleich am Anfang mit rein und bei 200 Grad rausholen und kurz Spiel des Bolzen im Kolben kontrollieren, muß gut wackeln, ca. 0,03 mm.
Dann wieder rein bis zum Ende der 4 Stunden, dann abkühlen lassen und raushohlen.
Dann beginnt das Wunder der Technik.

[Kerl]

Hrm, ob meine Reibahle von Wabeco ist, kann ich nicht mehr sagen. War aber glaubsch ein anderer Verkäufer. Sieht jedenfalls genauso aus (gerade nachgeschaut). Lässt sich nur schwer verschieben, hakt ständig und war anfangs noch voller Grate. Wie gesagt ist auch das Handling damit ne Katastrophe, die Ahle schiebst du dreimal durch, beim vierten Mal greift sie plötzlich nochmal und schabt an einer einzelnen Stelle was runter. Geht ja auch nicht anders mit unterschiedlichen Messern...
Naja, waren vielleicht Montagmorgen-Modelle, B-Ware oder sonstwas. Hab jetzt welche von Beck da, die sind um Welten... ach Universen besser.

[two-stroke]

Wie sieht es mit den Nuten für die Kolbenringe bei dem nachträglich wärmebehandelten Almet aus? War da noch alles im Maß?

Ich hab leider nicht die Möglichkeiten, einen Kolben genau zu vermessen und bei Bedarf nachzuarbeiten. Wenn jemand eine Firma kennt, wo man die Teile zur Prüfung einschicken kann, würde ich mich über einen Tip freuen (gerne auch als PM).

Gruß Ralf

[Utomborder]

Ich melde mich da mal als gelernter Feinmechaniker zu Wort, ich kann mit nicht vorstellen, daß man im hundertstel-Bereich mit der Reibahle noch was ausrichten kann. Wir haben uns früher immer in zehntel-Schritten an das Soll-Maß rangearbeitet. Wenn man mit den Vorarbeiten schon zu nah "dran" war, konnte man das Teil vergessen. Also, wenn man ein zehntel vor dem Soll Maß ist, kann man reiben, wenn man schon ein hundertstel dran ist nicht mehr. So wenig nimmt die nicht vernünftig wech. Oder?!

[kutt]

dazu geäußerte Bezeichnung Knetlegierung oder Knetkolben ist falsch.

Diese Worte lese ich zum ersten mal. Ich kenne die Teile nur als Hefekolben

Almet und Almot würde ich nicht über einen Kamm scheren. Die sind kristallographisch völlig unterschiedlich.

Bei Almet (jedenfalls die ich bis jetzt in der Hand hatte) würde ich sagen, daß die recht langsam abgekühlt wurden und damit recht maßhaltig bleiben. Ob die noch getempert wurden ist schwer herauszufinden.

Almot Kolben sehen anders aus - viel feiner und blanker. Ich hab noch keinen nachgemessen, aber wenn die auch 20+% Si haben, dann müssen die recht schnell abgekühlt wurden sein. Daß Almot quillt, wie ein Hefekloß ist ja bekannt. Manche fahren die Dinger nach ein paar Metern fest. Schleifer, die damit "nie" Probleme hatten, schleifen halt eine Wurfpassung, wo das Moped dann klingt, wie ein Sack Nüsse - geht aber nicht fest. Andere drehen den Kolben im heißen Zustand zylindrisch nach, wobei dabei auch einige Fehlerversuche nötig sind, bevor man den Wärmeeintrag etwa so hinbekommt, wie es dann im Betrieb ist.

Alles in allem ist das alles irgendwie Murks .. oder halt Pfusch (wenn man es drastisch sagt)

Ich bin deshalb ja immer noch drauf und drann eigene Kolben herstellen zu lassen. Im Moment hab ich noch Ersatz - also drängelt das Projekt nicht all zu sehr. Eine Gießerrei, die mit kundenspezifische Legierungen verarbeitet habe ich um die Ecke - trotzdem wird so ein Kolben wohl nicht gerade billig werden. Aber dafür ist es Hobby...