#9
Beitrag
von bujatronic » 19. Jun 2011, 11:32
kurz noch mein Senf dazu (leicht populärwissenschaftlich): Der Entstörwiderstand hat mit dem Zündfunken so gut wie nichts zu tun. Beim Zünden wird durch die Zündspule eine hohe Spannung aufgebaut (um die 20kV), die über Zündkabel, Widerstand und Stecker die Kapazität der Zündkerze (ein paar pF) auflädt, dabei fließen so geringe Ströme (Größenordnung 100mA), daß am Entstörwiderstand "nur" ein paar hundert Volt (von mehreren zehntausend Volt!!!) abfallen. Erst wenn die Kapazität so weit aufgeladen ist, daß die Durchschlagspannung an der Funkenstrecke (oder bei Defekten anderswo) erreicht ist, kommt es zum Funken, der im Kopf einige hundert bis über tausend Ampere auf die Beine bringt. Die dabei auftretenden hochfrequenten Schwingungen, die im Normalfall über die als Antennen wirkenden Zündkabel abgestrahlt würden, werden vom Entstörwiderstand gedämpft, wobei wohl hauptsächlich die dadurch bedingte Fehlanpassung der "Antenne" ursächlich ist.
Für eine originale BK (oder anderes Fahrzeug) ist der Widerstand entbehrlich, es treten allenfalls Störungen bei anderen Fahrzeugen auf (Radioempfang), und dies auch nur bei sehr geringen Entfernungen, z.B. an der Ampel. Halten die anderen Verkehrsteilnehmer den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand ein, dürfte nichts mehr passieren, aber die wollen ja so ein schönes Stück aus der Nähe sehen... Es sei aber darauf hingewiesen, daß es da irgendwelche gesetzlichen Regelungen gibt, die die Entstörung vorschreiben, aber seht mal die Funken, die z.B. am Stromabnehmer einer Straßenbahn entstehen...
Unentbehrlich ist die Entstörung jedoch, wenn Elektronik (Zündung/Regler usw.) verwendet werden.
Die Durchschlagsspannung ist übrigens vom Druck abhängig, manch einer prüft seine Kerze im ausgebauten Zustand, es ist keineswegs sicher, daß eine Kerze, die da funkt, das auch noch bei 8 bis 10 bar Kompressionsdruck macht. Bei atmosphärischem Druck muß die Hochspannung (z.B. am Ende des Zündkabels) mindestens 5mm Luft durchschlagen.
Für die ordentliche Verbrennung des Gemischs sind sehr viele Punkte ausschlaggebend. So wird bei starken Turbulenzen im Brennraum (gibt es aber eher in modernen Motoren) der Funken regelrecht ausgeblasen, weswegen höhere Zündenergien (elektronische Hochleistungszündung, d.h. andere Spulen) und andere Geometrien der Eelektroden nötig sind. Ich habe z.B. jahrelang an mehreren ETZ Platinkerzen von Bosch gefahren (so ähnlich wie die Iridiumkerzen), ohne einen spürbaren Effekt, aber zumindest nicht schlechter als Isolator. Auch bei den Iridiumkerzen wird in vielen Veröffentlichungen kein Effekt festgestellt, die wissenschaftlich nachgewiesenen Verbrauchssenkungen liegen bei 0,5%! Ähnlich ist meine Erfahrung mit Gleitfunkenkerzen.
Für die BK könnte ich sie dennoch empfehlen, denn (so wie auch bei den Platinkerzen) ist der Verschleiß wesentlich geringer (ich habe mit Pt-Kerzen regelmäßig um die 50 tkm geschafft), man muß sie also seltener wechseln, dadurch wird das Kerzengewinde im Kopf geschont, allerdings sollte man das mit Cu-Paste o.ä. gegen Festbrennen schützen.
Reinigen der Kerze ist nur nötig, wenn wegen extrem fetten Gemischs der Isolator dauernd verrußt, das wird nicht etwa mit einer Drahtbürste, gleich gar nicht mit einer aus Messing gemacht, denn durch den metallischen Abrieb, der dabei auf der wesentlich härteren Keramik entsteht, wird ein Nebenschluß produziert.
Die DDR-Stecker hatten im Isolatormaterial Füllstoffe, die mit der Zeit Wasser aufnehmen und dadurch an Spannungsfestigkeit verlieren, dadurch sind sie inzwischen mit ziemlicher Sicherheit durchweg unbrauchbar, auf jeden Fall, wenn sie längerer Zeit feuchter Witterung ausgesetzt sind (Ausnahmen bestätigen die Regel), das Abnehmen der Bleche kompensiert das nur, weil der Weg zur Masse länger wird, manchmal kann man dabei sogar die Durchschlagsspuren sehen. Ein neuer Stecker (z.B. LB01F von NGK) ist aber die bessere Wahl, zumal der auch eine Neoprendichtung hat.
Ich arbeite z.Zt. an der Nachfertigung von Steckern, die auf diesen Teilen basieren. Sie werden mit PUR umgossen, beschichtet und bekommen unten Blechkappen mit Federn, haben also bei der originalen Optik die Eigenschaften eines Neuteils. Ich hoffe, daß dann so einige BK-Zündprobleme der Vergangenheit angehören, habt mal noch etwas Geduld...
mfg, Chr.
"Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Kraftfahrzeug wertvolles Volksvermögen darstellt, das möglichst lange zu erhalten nicht nur einen persönlichen Vorteil bringt, sondern auch eine nationale Pflicht ist!"
Obering. Siegfried Rauch